Weltmeister-Branding
Jede Fußballnation, die etwas auf sich hält, hat ihrer Elf ein individuelles Branding verpasst: Die französische Nationalmannschaft kennt jeder als „Les Bleus“, die Auswahl Brasiliens ist die „Seleçao“ und WM-Pausierer Italien nennt sich „Squadra Azzura“. In einem großen und illustren Kreis der „Team-Marken“ war die deutsche Mannschaft bisher kaum sichtbar.Sepp Herbergers Ausdruck der „Elf Freunde“ konnte sich (eigentlich schade) auf Dauer nicht durchsetzen. Auch „German Panzer“, eine galante Schöpfung britischer Sportjournalisten, mochte der DFB für den repräsentativen Auftritt in der Öffentlichkeit nicht wirklich aufgreifen. So musste DFB-Manager Oliver Bierhoff Ende 2014 dem Mangel an Identität endlich Paroli bieten. Dabei heraus kam eine Kampagne, die das DFB-Team als starke Marke etablieren sollte: „Argentinien hat Messi, Portugal hat Ronaldo, Deutschland hat eine Mannschaft“. So wurde getreu dieses Mantras (und inspiriert von Ausrufen ausländischer Kommentatoren bei der letzten WM) aus Müller, Özil und Co. fortan „Die Mannschaft“.
Die Botschaft ist klar. Ähnlich wie VWs „Das Auto“ ist die Deutschland-Elf ab jetzt nicht länger ein dahergelaufenes Nationalteam – sondern das Gelbe vom Ei, der Maßstab, „DIE Mannschaft“. Was für eine schöne Botschaft, die da prominent auf dem Rücken des neuen DFB-Trikots platziert wurde: Teamgeist geht uns über alles. Und falls wir es nicht durch die Vorrunde schaffen – egal. Dann gehen wir eben zusammen unter. Hauptsache, wir haben uns.
Aber es reicht halt nicht mehr, dass ein Diesel nur fährt – und unsere elf Kicker vom selben Trainer zusammengehalten werden. Gewinnen sollten sie halt schon auch. Manchem wäre daher das Label „Der Weltmeister“ irgendwie lieber. Mannschaft ist doch sowas von „me, too“… Und dann auch noch gendertechnisch nicht ganz astrein. Hätten „Die Weltmeister“ nicht auch – nomen est omen – eine ganz andere Kraft und Wirkung auf das Team? Die Titelverteidigung als Branding Strategie, der Pokal als Erfüllung des Markenversprechens. Das wär’s doch.
Sollte das Halbfinale dann trotzdem ohne uns stattfinden, haben auch wir es wenigstens versucht. Dann kann man auch wieder zu Plan B zurückkehren, denn wenn uns in Russland der Titel wieder abgenommen wird, wird sie – außer den Sternen – das einzige sein, was an den Taumel vergangener Erfolge erinnert: DIE Mannschaft.