Schaltkreis-Nachrichten

1. November 2018       3 Minuten
Schaltkreis-Nachrichten Die Zukunft ist jetzt. Futuristische Entwicklungen, etwa die Autopiloten der Tesla-Modelle,  führen uns täglich großartige Errungenschaften auf den Gebieten der Robotik, Informatik und Co. vor Augen. Ein Aspekt steht dabei stets im Vordergrund: Der Mensch soll von diesen nichtigen Aufgaben befreit werden – schließlich hat dieser besseres zu tun, als ein Auto zu steuern. Die gewonnene Zeit könnte nun effizienter genutzt werden: Man könnte E-Mails checken oder welche versenden. Einige Bereiche menschlicher Tätigkeit, wie etwa die Fähigkeit wortgewandten Schreibens, scheinen nämlich unersetzlich. Hierfür braucht es noch immer einen fähigen, formulierenden Verfasser, unter Umständen auch noch in Form eines Journalisten.

Oder?

Tatsächlich ist es, wie Adrian Lobe in der Frankfurter Allgemeinen schreibt, keine Selbstverständlichkeit mehr, einen Text von Menschenhand vor sich liegen zu haben. Zu weit fortgeschritten und verbreitet ist der sogenannte Roboterjournalismus bereits. Dieser ist dabei weniger körperlich Roboter, als vielmehr ein Computerprogramm. Diese smarten Algorithmen verarbeiten vorgefertigte Textbausteine mithilfe von aktuellen Daten, die in die Software gespeist werden, zu sinnvollen Wortmeldungen. Beispielhaft dafür steht etwa der QuakeBot, ein Computer der, wie der Name vermuten lässt, aktuelle Erdbebenmeldungen zu einem Tweet formuliert und so innerhalb von Sekunden wichtige Informationen liefert. Die Grenzen dieser künstlichen Intelligenz sind dabei kaum einzuschätzen. So verfasste ein Computeralgotrithmus in den USA ein gesamtes Drehbuch mitsamt Regieanweisungen. In Japan schaffte es ein von einer künstlichen Intelligenz mitgeschriebener Roman sogar in die zweite Runde eines Literaturwettbewerbs.

Erdbeben-News sind also nur die Spitze des Eisbergs. Ein kreativer Computerjournalist würde enorme Veränderungen in der Welt des Journalismus bedeuten – vieles würde einfacher, effizienter werden. Allerdings kämen, vor allem mit Blick auf den Journalismus, auch große Herausforderungen auf die IT-Spezialisten der Erde zu. Denn die Recherche und das „zeitungsreife“ Schreiben ist nicht allein die Aufgabe eines Journalisten. Die Einhaltung des Pressekodex, das Schreiben unter der Berücksichtigung ethischer und moralischer Standards muss als wichtige Säule redaktionellen Schaffens gesehen werden. So stellt sich etwa die Frage, wie ein Algorithmus über die Vorfälle in Chemnitz berichtet hätte?  Wie förderlich wäre es in einer solchen Situation die syrische bzw. irakische Herkunft der beiden Täter in die Überschrift zu setzen? Hätte die Maschine zwischen den zu verarbeitenden Informationen differenzieren können?

Noch ist das Schreiben mit Einfühlungsvermögen dem Menschen vorbehalten. Eine Maschine hätte in einer solchen Situation wohl kaum das nötige Fingerspitzengefühl beweisen können. Und auch wenn es in Zukunft möglich wird, einer Maschine Moral beizubringen – wie setzt sich diese dann von dem Ethos des Entwicklers ab? Wer ist dann der eigentliche Verfasser eines solchen Artikels? Ist es die formulierende Maschine oder der Entwickler, der ihr alles bereits einmal schreibgerecht vorgedacht hat? Fragen, die heute noch nicht vollständig beantwortet werden können.

Die Entwicklung des Roboterjournalismus ist es aber allemal wert, weiter verfolgt zu werden. Denn ähnlich wie bei den selbstfahrenden Autos dieser Welt, ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis die maschinellen Journalisten vermehrt Einzug in die mediale Berichterstattung halten.