Nach dem Spiel ist vor dem Interview
Fußballer sein ist schwer. Während man gedanklich noch mit der vergebenen Chance aus der 78. Minute hadert, fragt die bildhübsche Moderatorin hinter dem Sky-Mikrofon nach den genauen Gründen der Niederlage. „Woran hat es denn gelegen?“ Ja, das fragt man sich immer: Woran es wohl gelegen hat. In einer solchen Situation sachlich zu argumentieren und die Bulletpoints der Pleite abzuarbeiten, ist schier unmöglich. So ist es kaum verwunderlich, dass sich Fußballer schnell ein One-Way-Ticket ins Floskelland buchen. Und ab dann wird die Kommunikation richtig interessant.Denn: „Das erwartet schwere Spiel“ war so erwartet gar nicht. Der vermeintlich schwächere Gegner wurde einfach unterschätzt, aber das sollte einem natürlich nicht rausrutschen. Optional kann im Fußball „alles passieren“ und der Pokal hat schließlich auch seine „eigenen Gesetze“. Zwei ähnlich beliebte Phrasen, die zur Erklärung einer überraschenden Niederlage aus dem Sprüche-Setzkasten gekramt werden. Wer „gute Ansätze gesehen hat“, möchte den letzten Funken Hoffnung der Fans nicht löschen, und die „entsprechenden Lehren“ muss die Mannschaft sowieso daraus ziehen. Was genau das heißen soll, weiß keiner – und somit ist die perfekte Floskel geschaffen. Die negative Spitze des Eisbergs ist dann erreicht, wenn deutsche Spieler bei internationalen Fernsehsendern ins Denglische abdriften. „I do my best that we win games“ von Innenverteidiger Heiko Westermann ist nur eines der vielen Paradebeispiele.
Aus diesen Gründen sind Per Mertesackers „Eistonne“ oder eine (eigentlich egal welche) Pressekonferenz vom Freiburger Trainer Christian Streich so erfrischend. Weil sie aus diesen, im dunklen Kämmerchen mit Sportpsychologen ausgearbeiteten, kommunikativen Abläufen ausbrechen. Das ist authentisch, das ist sympathisch – Attribute, für die der Fußball auch in Zeiten von Korruption und Videobeweis noch stehen sollte.